Über Pfingsten habe ich beim Kochen lineares – und damit nicht-personalisiertes- Radio gehört. Und dabei bin ich unverhofft über ein sehr spannendes und kluges Feature gestolpert (neudeutsch: Serendipity): „Krrrch – Looking for the Heart of Noise“ von Henrik von Holtum.
Ausgangspunkt ist die Schwierigkeit, über Krach zu sprechen, weil dafür keine entwickelte Sprache vorliegt – im Gegensatz zu tonaler, harmonischer und rhythmischer Tonsysteme. Krach ist nie systematisch erfasst worden, die Beziehung der Einzelteile ist offen, es gibt keine Krachlehre!
Und genau hier setzt das Feature an und nimmt die Zuhörenden mit auf eine Reise… Einen Anknüpfungspunkt hierfür liefern das Sound Design, die experimentelle Klanggestaltung und die auditive Mediengestaltung sowie z.B. die Comic-Sprache mit Erika Fuchs als Übersetzerin der Mickey-Mouse Hefte (mit auf den Wortstamm verkürzten Verben -Inflektiven- wie Klimper, Ritsch, Ratsch… und insbesondere mit lautmalerischen Umschreibungen und innovativen und kreativen sprachlichen Nachahmungen von außersprachlichen Schallereignissen – auch von Krach).
Aus Perspektive einer Strukturalen Medienbildung auch sehr informativ das Beispiel des Sounds einer Venylplatte und einer Audio-Kassette und der Verweis auf die (strukturellen) Möglichkeiten, die in das „System der E-Gitarre“ eingebaut ist, z.B. Overdrive, Fuzz, Distortion und Feedback. Auch super – die Pixies als Beispiel!
Also insgesamt rundherum zu empfehlen 🙂
„Der Wohlklang ist ausgemessen und die Harmonie geregelt. Wir streben nach Perfektion, aber da ist auch das kindliche Vergnügen, das Schöne platzen zu lassen, es brechen zu hören. Eine Sehnsucht nach dem Unberechenbaren, Verzerrten, Überwältigenden: KRRRCH, wie es im Comic heißen würde. Eine Qualität von Sound, die manche magnetisch anzieht und andere abstößt. Aus Musik, Gesprächen, Samples und Fieldrecordings nähert sich Henrik von Holtum dem Ursprung der Krachmusik. Getreu der Weisheit Brian Enos: „In fact everything we call character is the deviation from perfection.“
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